Antisemitismus in Europa heute (GB, Frankreich, Griechenland)

[Τον περασμένο Δεκέμβρη πραγματοποιήθηκε κοντά στο Αμβούργο ένα ακόμα Israel SoliCamp που έδωσε τη δυνατότητα σε ακτιβίστριες/στές, μελετήτριες/τές και απλούς ενδιαφερόμενους να ανταλλάξουν απόψεις για τις προκλήσεις και τους κινδύνους που αντιμετωπίζει σήμερα το Ισραήλ καθώς και για τρόπους αντιμετώπισης της ανόδου του αντισημιτισμού (το πλήρες πρόγραμμα της συνάντησης έχει δημοσιευτεί εδώ). Η δική μας εισήγηση – την περίληψη της οποίας παραθέτουμε παρακάτω στα γερμανικά – είχε ως στόχο να προκαλέσει μια συζήτηση για την πολυμορφία του φαινομένου του σύγχρονου αντισημιτισμού σε τρεις ευρωπαϊκές χώρες. Δεν είναι μόνο η Άκρα Δεξιά που βάλλει σήμερα κατά των Εβραίων, είναι και σημαίνοντα στελέχη των Εργατικών της Βρετανίας στο facebook και άλλα μέσα κοινωνικής δικτύωσης· είναι και αρκετοί Γάλλοι πολίτες που τα τελευταία χρόνια απορρίπτουν στο όνομα του Ισλάμ τη Γαλλία και τη Δύση ως «εβραϊκές οντότητες»· είναι κι ένα μεγάλο κομμάτι της ελληνικής κοινωνίας που γαλουχήθηκε εδώ και δεκαετίες με την αντίληψη ότι η Σοά συνέβη κάπου αλλού και χωρίς μερίδιο ελληνικής ευθύνης.]

Antisemitismus in Europa heute

Dimitri Kravvaris

[Zusammenfassung zum Input beim Israel SoliCamp 2016]

Der Input zum „Antisemitismus in Europa heute“ zielte darauf ab, zum einen über antisemitische Vorfälle in Europa zu informieren, die in den Mainstream-Medien häufig unzureichend thematisiert werden, und zum anderen eine Diskussion über die Salonfähigkeit des heutigen Antisemitismus anzustoßen, dessen Träger sowohl hoch gebildete Menschen aus der Mitte der Gesellschaft sowie führende Politiker*innen als auch potentielle Opfer von rassistischen und sozialen Diskriminierungen sein können. Der Akzent wurde auf drei Länder – Großbritannien, Frankreich und Griechenland – gelegt, wobei die gegenwärtige Situation in Deutschland häufig zum Vergleich in Betracht gezogen wurde. Dem Interesse an der zunehmenden Gefahr der Judenfeindlichkeit in Europa liegt das Facebook-Projekt „Watch: Antisemitism in Europa“ zugrunde, an dem der Referent beteiligt ist. Die Seite wurde 2014 nach dem Anschlag auf das Jüdische Museum in Brüssel gegründet und dokumentiert seitdem regelmäßig antisemitische Vorfälle in ganz Europa; zur Orientierung der Leser*innen wird jeder Beitrag mit einer kurzen Zusammenfassung auf Englisch vorgestellt.

Ι. Ausgehend von der These der Wirksamkeit der Sprache („Sprache ist Handlungsinstrument und kann wie eine Waffe benutzt werden, um Menschen Schaden zuzufügen, sie zu kränken, zu beleidigen, zu verunglimpfen, sie auszugrenzen, ihnen zu drohen“, Schwarz-Friesel & Reinharz, 2013:38) wurden Facebook-Beiträge, Tweets sowie Statements von führenden Mitgliedern der britischen Arbeiterpartei vorgestellt, die tradierte judenfeindliche Stereotype (jüdische Physiognomie, Juden als Mörder usw.) aktualisieren, utopische sowie mit Ressentiment beladene Lösungsvorschläge des Nahostkonflikts ins Spiel bringen und Hitler als „Zionisten“ und „Verrückten“ darstellen. Somit wurde klar, dass Antisemitismus in einer Partei, die angeblich jede Form des Rassismus bekämpft, derzeit weiter verbreitet ist, als viele deutsche und europäische Medien behaupten. Zudem wurde mittels Berichten der Organisation Community Security Trust darauf aufmerksam gemacht, dass Judenfeindlichkeit in Großbritannien in den letzten Jahren dramatisch zugenommen hat.

les_territoires_perdusΙΙ. Lange bevor islamistische Terroristen in die Redaktion von Charlie Hebdo sowie in den jüdischen Supermarkt an der Porte de Vincennes stürmten, war antisemitische Hetze vor allem in den Pariser Straßen sowie im Internet sichtbar. Anhand von Fotomaterial von einer Anti-Regierungsdemonstration vom Januar 2014 wurden populäre anti-establishment und antisemitische Gesten, wie der Quenelle-Gruß, analysiert. Anschließend wurde eine kurze Genealogie des Judenhasses in Frankreich unternommen: Zum einem wurde auf den 2002 erschienenen Band „Les territoires perdus de la République“ (deutsch: Die verlorenen Gebiete der Republik) hingewiesen, in dem Lehrer*innen vom aggressiven Antisemitismus, Sexismus und von der Ablehnung der Demokratie im Namen des Islam in den öffentlichen Schulen berichteten. Ihre Warnungen wurden entweder ignoriert oder die Autor*innen wurden der „Islamophobie“ bzw. des „Rassismus“ bezichtigt. Die antisemitischen Anschläge von 2012 in Toulouse und Montauban, von Mai 2014 in Brüssel und von Januar 2015 in Paris wurden jedoch von jungen Franzosen verübt, die Anfang der Nullerjahre an solchen Schulen sozialisiert worden waren. Zum anderen wurde die Apathie der französischen Gesellschaft hinsichtlich der zunehmenden Popularität der islamistischen Weltanschauung unter jungen Franzosen thematisiert. Antisemitische Täter werden heute noch von französischen Medien, wie Agence France Presse (AFP), als „déséquilibrés“ (deutsch: seelisch gestört) bezeichnet. Der Karikaturist Joann Sfar hat auf diese Verharmlosung des Antisemitismus sarkastisch reagiert.

III. Antisemitismus in Griechenland wird im Züge der andauernden Finanz-Krise fast ausschließlich in Bezug auf die „Chryssi Avgi“ (deutsch: Goldene Morgenröte) – die seit 2012 drittstärkste Partei im Parlament – thematisiert. Ihr Anstieg, argumentiert man oft, verdanke diese Partei eben der steigenden Arbeitslosigkeit und Perspektivlosigkeit vieler Wähler*innen. Anhand einer von der Panteion Universität durchgeführten Studie (2013) wurde eingewendet, dass die Mehrheit der jungen Unterstützer der Chryssi Avgi sich bewusst für diese Partei entschied, da sie mit dem Kern der Ideologie der griechischen Neonazis maßgeblich einverstanden sind: angebliche historische Überlegenheit der griechischen Nation, Gefühl der Selbstviktimisierung aufgrund der vermeintlich nicht gloriosen Gegenwart und Präferenz von autoritären Regierungsformen. Das Interesse an der Shoah und der europäischen Geschichte des XX. Jahrhunderts ist gering. Auch die griechische Linke rekurriert gerne auf die nationalistische These des ewigen Opfers und relativiert somit die Shoah. In diesem Zusammenhang wurde ein Teil der Rede des griechischen Vize-Bildungsministers Theodosis Pelegrinis (Syriza-Partei) am 15. September 2016 im griechischen Parlament zitiert, in der er „die Juden“ als Ausnutzer des Holocaust präsentiert. Er behauptet, dass sie sich den Begriff Holocaust „mit Geduld und Beharren“ hätten aneignen können, „um die Verbrechen des Nazi-Regimes gegen sie hervorzuheben und somit die Sympathie der zivilisierten Welt für ihr Leiden zu provozieren“. Die Shoah wird hierbei nicht als Zivilisationsbruch gedacht, sondern als instrumentalisiertes jüdisches Leiden, abgekoppelt vom nationalen Narrativ. Pelegrinis fordert nun „die Griechen“ auf, sich ebenso den Begriff der Katastrophe anzueignen, um daraus politisches Nutzen zu erzielen.

Weiterführende Literatur

  1. Emmanuel Brenner (Hrsg.): Les territoires perdus de la République. Postface de Georges Bensoussan. Paris 2015 (2002)
  2. David Hirsh: The most threatening form of anti-Semitism in Britain today. Online Beitrag auf timesofisrael.com. 3. September 2015
  3. Dimitris Kravvaris im Gespräch mit Carolin Mothes über Antisemitismus in Griechenland: „Die antizionistische Rhetorik gilt nicht als antisemitisch“. In: Jungle World, Nr. 6, 5. Februar 2015, S. 5. Das Interview kann auch online gelesen werden.
  4. Carolin Mothes: Antisemitismus in der französischen Gegenwart – vom French Carmel aus betrachtet. Online Beitrag auf haolam.de. 16. Juni 2014
  5. Monika Schwarz-Friesel & Jehuda Reinharz (Hrsg.): Die Sprache der Judenfeindschaft im 21. Jahrhundert. Berlin/Boston 2013

Published by DiKra

Blogging on antisemitism and the memory of the Shoah in Greece & Europe

Υποβολή σχολίου / Leave a comment