Film und Shoah: Vortrag und Diskussion mit Henrik Götte (12.12. in Münster)

Filme über den industriellen Massenmord an den europäischen Jüdinnen*Juden durch die Deutschen gibt es viele. Mal lösen sie gesellschaftliche Debatten aus, mal kleinere oderfilmushoah-2 größere Skandale, etwa wenn wieder allzu offensichtlich Geschmacklosigkeiten dilettantisch eingesetzt werden, um mediale Aufmerksamkeit zu erhaschen. Was bei all den Diskussionen um “gute” und “schlechte” Filme, dem Einsatz dieser Filme als erzieherische Maßnahme und ihrem akademischen Pendant, dem endlosen “Diskurse” spinnen, “Narrative” aufspüren und “Einschreibungen” offenlegen, völlig fehlt, ist ein Begriff des Gegenstandes, um den es eigentlich geht, denn “was ist ein Filmbild gegen eine Tatsache?” (Claude Lanzmann).

Unter den gesellschaftlichen Bedingungen, die zu Auschwitz führten und weder beseitigt worden sind, noch als solche begriffen werden, wird nicht zuletzt durch Film die Shoah verwandelt in das kulturelle “Artefakt Holocaust”, das “wie eine Drei-D-Brille wirkt, die jeder kennt und aufsetzen kann” (Detlev Claussen). Die Funktionsweise von Film, Personalisierung, Suggestion und Konkretisierung abstrakter Zusammenhänge trägt, eingebettet in postnazistischen “Erinnerungskitsch”, das ihre dazu bei, die intellektuelle Durchdringung des Gegenstandes zugunsten einer Debatte über – und des Konsums von – Darstellungen zu verschieben. Der Antisemitismus des Nationalsozialismus bleibt so diffus oder wird pathologisiert. Aus Erkennen wird Darstellen, durch “Erinnerung” wird alles weit von sich geschoben und nicht selten der Judenvernichtung noch nachträglich ein Sinn angeheftet.

Daraus ergibt sich, dass über Filme, die von der Shoah handeln, nicht im aufklärerischen Sinn gesprochen werden kann. Nicht was diese Filme zum Verständnis, sondern zur völligen Verschleierung des Bewusstseins beitragen, wird exemplarisch an “Shoah” von Claude Lanzmann und “Schindlers Liste” von Steven Spielberg diskutiert werden.

Henrik Götte hat in Braunschweig Medienwissenschaften studiert und ist Lehrbeauftragter an der Technischen Universität Braunschweig.

Eine Veranstaltung der linksorientierten Studierendeninitiative

mit freundlicher Unterstützung des AStA der Uni Münster.

Mittwoch, 12.12.2012, 19:30 Uhr

Quelle: clubcourage.de

“Academy of Motion Pictures, Arts and Zionists”

Nach der „Verbannung” von der diesjährigen Oscar®-Verleihung droht Admiral General Aladeen der „Academy of Motion Pictures, Arts and Zionists” per Videobotschaft mit „unvorstellbaren Konsequenzen”.

Als “Borat” tauschte der Schauspieler antisemitische Klischees mit einem US-amerikanischen Farmer aus, der offenbar keine Ahnung davon hatte, dass ihm gerade eine Kunstfigur die Zunge löst. Ebenso wenig wie die bedauernswerten Modeexperten, die Baron Cohen als schwuler österreichischer Modejournalist “Brüno” in seiner fiktiven Sendung “Fashion Polizei” dazu bringt, über die Outfits von Prominenten mit den Kategorien “Darf im Ghetto bleiben” oder “Zug nach Auschwitz” zu urteilen. Über dieses böse Spiel konnte man sich erregen. Oder man konnte lachen, und sich fragen, worüber man da eigentlich gerade lacht – das Stilmittel war dabei jedoch stets die Entlarvung eines tatsächlich vorhandenen gesellschaftlichen Zustands. (Stefan Kuzmany in Spiegel Online)